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Nachruf Prof. em. Dr. Hans Fenske (1936 - 2022)

Nachruf Prof. em. Dr. Hans Fenske (1936 - 2022)

Foto: Bibliothek des Konservatismus

Nachruf

Am 11. April 2022 verstarb Prof. Dr. Hans Fenske im 86. Lebensjahr an seinem Wohnort Speyer. Er hinterläßt seine Ehefrau sowie zwei Töchter.

Geboren am 24. Mai 1936 in Geesthacht, lehrte und forschte Hans Fenske fast 30 Jahre lang am Historischen Seminar der Universität Freiburg: 1973 zum Universitätsdozenten ernannt, bekleidete er von 1977 bis zu seiner Emeritierung 2001 eine Professur für Neuere und Neueste Geschichte. Vorausgegangen waren, nach dem Studium in Tübingen und Freiburg, mehrjährige Stationen an der Hochschule für Verwaltungswissenschaften in Speyer sowie am Auslands- und Dolmetscherinstitut der Universität Mainz in Germersheim. Der Promotion von 1965 lag eine Arbeit über „Konservativismus und Rechtsradikalismus in Bayern nach 1918“ zugrunde, sechs Jahre später folgte die Habilitation mit einer Untersuchung über „Wahlrecht und Parteiensystem. Ein Beitrag zur deutschen Parteiengeschichte“; beide Arbeiten wurden von Erich Hassinger betreut.

Das wissenschaftliche Interesse Hans Fenskes galt der deutschen Geschichte des 18. bis 20. Jahrhunderts. Neben der allgemeinen Geschichte wandte er sich immer wieder der Landesgeschichte zu, namentlich Badens, Bayerns und der Pfalz. Thematische Schwerpunkte bildeten die politische Geschichte, die Verfassungs-, Parteien- und Verwaltungsgeschichte sowie die Ideengeschichte. Staunenswert waren seine Schaffenskraft und sein Arbeitsethos: Die Liste selbständiger Veröffentlichungen umfaßt 16 Titel, fast ebenso häufig fungierte er als Herausgeber bzw. Mitautor, die Zahl unselbständiger Beiträge liegt bei etwa 250 (die große Menge an Einzelrezensionen nicht mitgerechnet). Zwei opera magna verdienen besondere Erwähnung: die weit ausholende, vergleichend angelegte Studie „Der moderne Verfassungsstaat“ aus dem Jahre 2001 sowie das 2019 erschienene Alterswerk „Der deutsche Liberalismus“, in dem der Autor die Summe seiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit dem Thema zog.

Als akademischer Lehrer erfreute sich Hans Fenske großer Beliebtheit. Fast jedes Semester hatte er die meisten Kandidatinnen und Kandidaten, zudem betreute er zahlreiche Dissertationen und zwei Habilitationen. Bestechend waren nicht nur seine profunde Sachkenntnis, sondern ebenso die Klarheit seines Urteils und die Fähigkeit, mit wenigen Worten das Wesentliche eines Sachverhalts herauszuarbeiten. Den Studierenden und seinen Schülerinnen und Schülern begegnete er stets mit wohlwollender Liberalität, Rat und Tat suchte man bei ihm niemals vergebens.

Bei aller geistigen Souveränität blieb Hans Fenske ein bescheidener Mensch. Professorales Gehabe oder Karriere- und Imagedenken waren ihm ebenso fremd wie abstraktes Theoretisieren und vorschnelles Urteilen. In seiner betont nüchtern-sachlichen Art fühlte er sich der historischen, zuallererst in den Quellen liegenden Wahrheit verpflichtet. Immer wieder verwahrte er sich gegen die Vereinnahmung der Wissenschaft durch Politik und Zeitgeist, und wiederholt vertrat er Positionen, die der (damals) vorherrschenden Meinung widersprachen – dies gilt etwa für die historische Bedeutung Preußens, Politik und Person Bismarcks, die Frage der Kriegsschuld 1914, die verhängnisvolle Rolle des Versailler Vertrags oder den vermeintlichen „deutschen Sonderweg“. Vornehmste Pflicht des Historikers blieb in seinen Augen die eigenständige Urteilsbildung – ein Ideal, das Hans Fenske, ohne viel Aufhebens davon zu machen, in beeindruckender Weise vorlebte.

Uwe Wilhelm